Wenn ich eine Partei gründen würde, dann hieße sie "Die Neue Elternbewegung", kurz: NEB.
Vielleicht wäre es auch gar keine Partei, sondern ein Verein. Oder einfach eine Idee. Eine Bewegung ohne Institution, aber dafür mit einem klaren Fokus. Wie auch immer. Das hier ist mein erster Entwurf:
Die Neue Elternbewegung
Mit dem Ziel, gleichberechtigte Partner*innenschaften zu leben und unseren Kindern Vorbild zu sein für eine gerechtere Verteilung und angemessenere Wertschätzung von Care-Arbeit, tritt die Neue Elternbewegung an, politische Strukturen zu verändern.
Die Neue Elternbewegung ist eine Idee und jede*r kann sich ihr anschließen, der/die* die Interpretation der aktuellen Situation und die Ziele der Bewegung teilt oder zu ihrer Entwicklung beitragen möchte.
Die politischen Forderungen der Neuen Elternbewegung überschneiden sich mit vielen feministischen Anliegen. Diese sind per se im linken politischen Spektrum anzusiedeln. Es gibt keinerlei Ambitionen, andere feministische Gruppen zu spalten oder sich klar abzugrenzen. Die Neue Elternbewegung möchte vielmehr feministischen Eltern, die sich mit den Anliegen der Bewegung identifizieren können, einen Namen geben, mit dem sie für das gemeinsame Ziel eintreten können:
Gleichberechtigte Partner*innenschaften leben und unseren Kindern Vorbild sein
für eine gerechtere Verteilung und eine angemessenere Wertschätzung
von Care-Arbeit.
Die folgenden Forderungen zielen darauf ab, dass Frauen* und Männer* bzw. Partner*innen Care-Arbeit partnerschaftlich teilen können, so dass unsere Kinder eine Welt erleben, in der Mütter* und Väter* frei von Rollenklischees und -erwartungen Entscheidungen für ihr Leben treffen können.
So kann eine Gesellschaft verändert werden, in der Frauen* und Mädchen* theoretisch alles dürfen, die Realität aber so aussieht, dass der überwiegende Teil der Care-Arbeit weiterhin unentgeltlich von ihnen geleistet wird.
So kann ein Sozialstaat überwunden werden, der an so vielen Stellen darauf baut, dass Frauen* gratis die Sorge-Arbeit übernehmen.
So kann eine gerechtere Welt für Menschen aller Geschlechter entstehen, die sich frei und individuell entfalten können.
6 Forderungen
1. Abschaffung des Ehegatt*innen-Splittings
--> Das Gesetz diskriminiert Frauen* und schafft Anreize, die der Gleichberechtigung in Partner*innenschaften entgegenstehen.
2. Einführung eines Entgeltgleichheitsdurchsetzungsgesetzes
--> Das Entgelttransparenzgesetz und die gesetzlich verankerte gleiche Bezahlung für Frauen* und Männer* ist in der aktuellen Form nicht ausreichend. Nur wenn beide gleich verdienen, entfällt der finanzielle Anreiz für Familien, Erwerbsarbeit auf den Partner und Care-Arbeit auf die Partnerin zu verteilen.
3. Einführung einer verbindlichen Frauen*-Quote für Vorstände, Aufsichtsräte und politische Ämter
--> Freiwillige Quoten haben zu wenig Effekt. Ohne gesetzliche Vorgaben sind männlich dominierte Bereiche schwer aufzubrechen.
4. Bessere Entlohnung von Care-Arbeit
--> Erst wenn Care-Arbeit und Care-Berufe auch finanziell besser anerkannt werden, ist Gleichberechtigung möglich.
5. Care-Arbeit besser absichern
--> Alleinerziehende, Eltern und pflegende Angehörige müssen so unterstützt werden, dass durch die Übernahme von Care-Arbeit für einen gewissen Zeitraum keine Risiken für Berufstätigkeit und Rente entstehen.
6. Einführung eines Elternschutzgesetzes
--> Elternschutz soll über den Mutter*schutz und die Elternzeit hinaus gelten: Anrecht auf Meeting-Zeiten innerhalb von 10 und 15 Uhr, zusätzliche Krankheitstage und Home-Office-Optionen für Eltern, Anrecht auf beruflichen Wiedereinstieg in Teilzeit.
Was denkt ihr?
Insbesondere stelle ich mir die Frage, ob das Drehen an diesen Stellschrauben nicht kleinlich und reformistisch ist. Braucht es vielleicht doch einen großen, intersektionalen Wurf wie beim Frauenstreik angestrebt?
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lotjhae (Dienstag, 23 April 2019 23:46)
Sehr gutes Konzept.
Arish2006 (Samstag, 08 Mai 2021 07:03)
Ich bin seit 2 Jahren Mutter und habe viel darüber nachgedacht, was sich noch alles ändern muss, damit wir als Familie entlastet werden und uns auch innerhalb der Familie selbst entlasten. Da ist das Thema mental load allgegenwärtig. Und ja, wir versuchen uns gegenseitig zu unterstützen, Aufgaben gerecht zu verteilen... Ich weiß, es klappt nicht so gut wie bei uns in anderen Familien. Da denke ich muss man im Bereich Bildung verstärkt das Thema behandeln, in Kitas und Schulen bereits. Feminismus, Gleichberechtigung, Aufgabenteilung etc. sollen als Schulinhalte vermittelt werden, am besten als eigenes Fach. So schafft man es, dem alten Rollenverständnis, was in vielen Familien noch vorherrscht, zumindest ein wenig entgegen zu wirken.
Cehweh (Dienstag, 21 September 2021 19:37)
Ich halte die 30 Stunden Woche für Eltern bei vollem Gehalt als die einzige Möglichkeit, Familie und Beruf wirklich miteinander „zu vereinbaren“. Gleichzeitig müssen Eltern dennoch die Möglichkeit haben, auch verantwortungsvolle Aufgaben zu übernehmen. Ich kenne Beispiele von Arbeitgeber*innen, die sagen, dass die Stelle nur Vollzeit zu besetzen ist und wenn man das nicht „will“ oder kann, dann muss man es eben lassen.
Mein zweiter Punkt: es müsste finanzielle Anreize geben, dass mehr Eltern sich für gleich lange Elternzeiten entscheiden.
Starship (Dienstag, 15 Februar 2022 12:08)
Gleichberechtigung entsteht in einer kapitalistischen Gesellschaft, wenn Care-Arbeit bezahlt wird. Wird sie nicht entlohnt, ist sie vorallem selbstloser Liebesdienst. Das funktionierte in einer Zeit, in der eine Familie locker von einem Gehalt versorgt und eine Frau glücklich zu Hause zu sein schien.
Eine gerechte Familienpolitik sollte alle möglichen Modelle unterstützen und somit den Familien Entscheidungsfreiheit bei der Wahl der Arbeitsverteilung lassen. (Heißt zum Beispiel auch: Möchte eine Frau 3 Jahre keine Erwerbsarbeit machen, wird sie auch dafür entlohnt.)
In meinem Umfeld kämpfen so viele Familien um Verteilung, Ausgleich, Ansehen, Versorgung, Finanzen, Freizeit, Schlaf, Selbstverwirklichung…und um die Lebensbedingungen ihrer Kinder.
Utopie?
Ich denke vor allem Prioritätensetzung. Unbezahlte Care-Arbeit ist lukrativ. Finanziell. Menschlich eigentlich eine Frechheit.