WIKIPEDIA
"Care-Arbeit oder Sorgearbeit bezeichnet Tätigkeiten des Sorgens und Sichkümmerns.
Der Begriff Care-Arbeit (englisch care work) hat sich seit den 1990er Jahren, zunächst im englischen Sprachraum, entwickelt und schließt an feministische Theorien und Diskurse um Reproduktionsarbeit im Zuge der Zweiten Frauenbewegung an. Dort wurde unbezahlte Hausarbeit als gesellschaftlich notwendige und zumeist von Frauen geleistete Arbeit sichtbar gemacht und ihre Bedeutung für die Wiederherstellung der Arbeitskraftherausgearbeitet. Mit dem „Care“-Begriff wurden nun stärker der Arbeitsinhalt und die Beziehungsaspekte von Sorgearbeit reflektiert. Care-Arbeit umfasst bezahlte und unbezahlte Arbeit. Sie orientiert sich an den Bedürfnissen anderer Personen (englisch other centred work).
Unter Care-Arbeit fällt beispielsweise Kinderbetreuung oder Altenpflege, es werden aber auch familiäre Unterstützung, Häusliche Pflege und freundschaftliche Hilfen als Care-Arbeit verstanden. Überwiegend wird Care-Arbeit von Frauen geleistet. Bis in die Gegenwart werden die verschiedenen Stränge nicht als ein gesellschaftspolitisch zentrales, zusammenhängendes Politikfeld gesehen, oder entsprechend bearbeitet."
BUNDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG (19/10/2010)
DR. GISELA NOTZ
"Sowohl im Produktionsbereich als auch im Reproduktionsbereich werden gesellschaftlich notwendige und nützliche Tätigkeiten verrichtet. Unter "Produktionsarbeit" ist die instrumentell gebundene, zielgerichtete, gesellschaftlich nützliche planmäßige Tätigkeit, für die geistige und körperliche Kräfte in Produktion und Dienstleistung eingesetzt werden, zu verstehen. Tätigkeiten jenseits der Lohnarbeit (oder einer anderen das Einkommen sicher stellenden Erwerbsarbeit), die zur Erhaltung der menschlichen Arbeitskraft einschließlich der Kinder notwendig sind, werden in der Soziologie als "Reproduktionsarbeit" definiert.
Zu den Reproduktionsarbeiten gehören sowohl die Hausarbeitsverhältnisse (Hausarbeit, Erziehungsarbeit, Pflegearbeit für Alte, Kranke und Behinderte) als auch die ehrenamtlichen Arbeitsverhältnisse im Sinne bürgerschaftlichen Engagements und freiwilliger Arbeit (ehrenamtliche politische, soziale oder kulturelle Arbeit, unbezahlte Arbeit in Selbsthilfegruppen). Zu den Produktionsarbeiten gehören alle Erwerbsarbeitsverhältnisse, also sowohl ungeschützte (prekäre) Erwerbsarbeit als auch Teilzeitarbeit, tariflich abgesicherte Erwerbsarbeit und selbstständige Arbeit."
EMANZIPATION (Jg. 1, Nr. 1, 2011)
DR. GISELA NOTZ Historikerin und feministische Autorin
"Auch wenn wir wissen, dass Männer und Frauen in der Realität keine klar gegeneinander abgegrenzten, in sich homogenen Bevölkerungsgruppen sind, ist es nach wie vor die binäre Strukturierung von Öffentlichkeit und Privatheit, die die alltägliche Praxis der Arbeitsverteilung bestimmt. Es ist die Konzeptionierung der Frau als Hausarbeiterin, die dazu führt, dass viele Frauen, auch wenn sie heute gut ausgebildet sind, (vorübergehend) in ökonomischer Abhängigkeit leben müssen. Meist ist es die Entscheidung für ein Kind oder die Übernahme der Verantwortung für ein pflegebedürftiges Familienmitglied, die dazu führen. Die Notwendigkeit für diese Abhängigkeit wird dann mit der Doppelorientierung der Frauen auf Familie und Beruf begründet. Tatsächlich lassen sich für die meisten Frauen die Arbeitsbereiche Erwerbsarbeit und Hausarbeit nicht auseinanderreißen, weil sie über weite Strecken ihres Lebens den physischen und psychischen Anforderungen in beiden Bereichen ausgesetzt sind und diese ausbalancieren müssen (vgl. Becker-Schmidt et al. 1982; Notz 1991). Die immensen Benachteiligungen, die sich für Frauen aus der «Doppelorientierung» ergeben, setzen jedoch vor der Mutterschaft an, wirken weit über diese hinaus und betreffen auch Frauen, die niemals Mütter waren oder werden wollen. Erst die Aufhebung der Trennung beider Arbeitsbereiche (Produktion und Reproduktion) macht die Neubewertung und Neuverteilung der «ganzen Arbeit» möglich."